2024. Das Jahr lässt sich bisher mit einem Wort beschreiben: Multikrise. Denn die Weltlage ist weiterhin dramatisch. Rund 120 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht (Quelle: UNHCR, Juni 2024), rund 700 Millionen Menschen hungern (Quelle: Welthungerhilfe, 2023) und fast 700 Millionen leben in extremer Armut (Quelle: World Bank). Kriege und Konflikte wie im Südsudan, Burkina Faso, Somalia, der Ukraine und in Nahost verschärfen diese Situation unaufhörlich. Auch die Klimakrise haben wir in diesem Jahr wieder mit voller Wucht zu spüren bekommen: Überschwemmungen, Tropenstürme, extreme Dürren. In Anbetracht dieser Lage wäre die logische Schlussfolgerung: Wir müssen internationale Zusammenarbeit massiv stärken.
Was passiert aber aktuell in Deutschland? Die Bundesregierung macht Sparpläne, verbunden mit drastischen Kürzungen im Haushalt 2025. Der größte Rotstift? Der wird ausgerechnet bei den Menschen angesetzt, die weltweit am meisten benachteiligt sind. Nämlich indem die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe über eine Milliarde reduziert werden sollen. Ein Schritt, der schwerwiegende Auswirkungen auf globale Gerechtigkeit, Gesundheit und Stabilität haben könnte.
Geplant ist eine Kürzung der Mittel für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) um 937 Millionen Euro sowie für das Auswärtige Amt um 836 Millionen Euro. Das bedeutet konkret, dass UN-Organisationen, beispielsweise das Welternährungsprogramm, und auch viele lokale Projekte im globalen Süden drastisch weniger Geld bekommen – was sich natürlich umfassend auf deren Arbeit auswirkt.
Die Kürzungen könnten zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen. Nach den verheerenden Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Armut, Hunger und Geschlechtergleichheit weltweit verschärfen die Klimakrise, politische Instabilität und Konflikte in vielen Teilen der Welt die Not der Menschen noch zusätzlich. Genau die Länder, die am meisten unter den Folgen der multiplen globalen Krisen leiden, könnten bald auf weniger Hilfe zählen. Die geplanten Kürzungen haben somit das Potenzial, nicht nur die großen Fortschritte der Entwicklungszusammenarbeit der letzten Jahrzehnte ernsthaft zu gefährden, sondern auch das Wohlergehen der ärmsten Menschen der Welt.
Das kannst du tun
Aber es gibt auch eine bessere Nachricht: Der Haushaltsentwurf ist noch nicht final beschlossen, sondern wird aktuell im Bundestag verhandelt. Es liegt an uns, unseren Abgeordneten und der Regierung zu zeigen, dass wir diese Kürzungen nicht wollen. Wir haben eine Stimme und wir können sie nutzen!
Hier sind 4 Aktionen, mit denen du dich für Entwicklungszusammenarbeit starkmachen kannst.
Aktion 1: Petition unterschreiben: Deutschland muss #GlobalDenken
Der Zeitpunkt, um laut zu werden, ist jetzt. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Deutschland weiterhin eine Vorreiterrolle in der globalen Entwicklungszusammenarbeit einnimmt und die Mittel bereitstellt, die notwendig sind, um globale Herausforderungen anzugehen. Unterschreibe unsere Petition und fordere die Bundesregierung auf, global zu denken.
Auswirkung auf multilaterale Organisationen: Beispiel Polio
Während die genannten Kürzungen abstrakt klingen, ist die Arbeit von Projekten und Organisationen konkret davon betroffen. Nehmen wir das Beispiel der Global Polio Eradication Initiative (GPEI). Die Initiative hat in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, dass die Kinderlähmung Polio praktisch ausgerottet wurde. Während 1990 jährlich noch ca. 350.000 Fälle von Polio auftraten, lag diese Zahl 2020 unter 100 Fällen. Aktuell steigen die Fallzahlen jedoch erstmals wieder.
Das Tückische: Wenn Polio-Kampagnen nicht weiterhin konsequent durchgeführt werden, kann das Virus immer wieder auftauchen. Dann besteht auch immer die Gefahr, dass sich das Virus über Landesgrenzen hinweg wieder ausbreitet.
Aktion 2: Lass Polio nicht gewinnen
Deutschland hat die Chance im Kampf gegen Polio weiterhin eine Führungsrolle einzunehmen. Die vorgesehenen Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit würden aber dazu führen, dass die Mittel für GPEI im kommenden Haushalt um 45,9 % gekürzt werden – was die bisherigen Fortschritte ernsthaft gefährden würde.
Nutze deine Stimme jetzt, indem du einen Tweet an die Abgeordneten sendest, die über den Haushalt entscheiden. Gemeinsam können wir dazu beitragen, dass alle Kinder ohne Polio leben können.
Kein Geld?
Das Argument: „Deutschland muss sparen” ist allgegenwärtig. Die Frage ist aber, an welchem Ende. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat im August 2024 einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass sich klimaschädliche Subventionen im Jahr 2020 auf ein Volumen von €35,8 Mrd. Euro beliefen. Das ist dreimal so viel wie der gesamte Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Subventionen dieser Art führen nachweislich zu zusätzlichen Treibhausgasemissionen. Ein hohes Einsparpotenzial gäbe es zum Beispiel bei der Abschaffung des Diesel- und Dienstwagenprivilegs: allein 15,5 Milliarden Euro könnten hier gespart werden. Wenn es also heißt: „Wir haben kein Geld”, dann ist das nicht die ganze Wahrheit.
Das zweite Argument, das aktuell häufig ins Feld geführt wird und eng verknüpft mit der Mythenbildung zu dem Thema ist: „Wir müssen unser Geld für die Menschen in Deutschland ausgeben. Entwicklungszusammenarbeit bringt sowieso nichts.”
Dem ist nicht so: Die letzten Jahrzehnte haben beispiellose Fortschritte im Bereich der globalen Gesundheit und Entwicklung gebracht. Globale Armut wurde seit 1990 mehr als halbiert (Quelle: Statista), ebenso Todesfälle durch Malaria und AIDS. Zudem ist Deutschland als Exportnation besonders abhängig vom Wohlergehen anderer Länder. In Deutschland wird jeder zweite Euro im Export verdient. Entwicklungszusammenarbeit stärkt die deutsche Wirtschaft und deutsche Exporte.
Aktion 3: Sende eine Nachricht
Sprich dich jetzt für internationale Zusammenarbeit aus: Mit deiner persönlichen Botschaft kannst du die Abgeordneten erreichen, die über den Haushalt entscheiden und sie auffordern, die so lebenswichtigen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zu schützen. Wir müssen sicherstellen, dass Deutschland eine führende Rolle im Kampf für Fortschritt und Gerechtigkeit behält.
Aktion 4: Schreibe deinen Abgeordneten
Globale Gerechtigkeit und Stabilität brauchen Finanzierung. Schreibe deinen Wahlkreisabgeordneten und fordere sie auf, sich für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einzusetzen!
Mit diesen vier Aktionen kannst du dich für eine starke internationale Zusammenarbeit einsetzen. Lasst uns die Bundesregierung daran erinnern, dass der Haushalt 2025 mit darüber entscheidet, in welcher Welt wir in Zukunft leben werden. Nur gemeinsam können wir die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erreichen: eine gerechte Welt, in der Menschen Zugang zu Gesundheitsversorgung, Nahrungsmitteln und Bildung haben und in der wir zusammenarbeiten, um unseren Planeten zu schützen. Deutschland trägt eine besondere Verantwortung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Werde jetzt aktiv!